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reihe:redbird:redbird_12

Lebensgeschichte

Übersicht - Redbird

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In einem kleinen Zimmer wartend, das für Mitarbeiter eingerichtet wurde, um ein privaten Raum zu haben für etwaige Gespräche, sitzt die rothaarige Sichellogen-Forscherin. In diesem stehen sich jedoch lediglich zwei Sessel gegenüber, die einzig durch einen kleinen Tisch voneinander getrennt sind. So positioniert, dass keiner der Tür den Rücken zukehrt. Alles, was man ihr sagte, war, dass die Rechte Hand der Mondloge selbst vorbeikommt, mit einem dringenden Anliegen. Wie es sich gehört, hat niemand gesagt, worum es geht.

Langsam die Geduld verlierend, da Sie schon einige Minuten im Zimmer wartet, während Sie in der Zeit eigentlich weiter arbeiten hätte können. Bevor sie sich weiter in diesen unschönen Gedanken vertiefen kann, öffnet sich endlich die Tür und ein Mann betritt den Raum. Paleo trägt ein schlichten Anzug. Mit dem Pulli unter dem Sakko erinnert er einen schon fast an einen Bodyguard oder Sicherheitsmann einer Disco. Sein roter Bart geht in sein Kopfhaar über, so dass es aussieht, als hätte er eine Löwenmähne. Neben seinen Gesichtsmerkmalen ist das weiter Auffällige sein mehr als eleganter Gang, während er durch den Raum schreitet. Nach einer kurzen Begrüßung der Höflichkeit halber setzt sich die Frau, augenscheinlich in der Mitte ihrer 20er, wieder. Nachdem der Mann mit einer kurzen Handbewegung angeboten bekam Platz zu nehmen, legte er eine kleine Box sehr vorsichtig auf den Tisch. Tritt einige Schritte vom Tisch zurück und nimmt ihr gegenüber Platz. So sorgsam, wie er den Behälter abgelegt hat, könnte man glatt den Eindruck bekommen, dass sich etwas Zerbrechliches von unschätzbarem Wert darin befindet. Keine Kühlbox, also nichts, das so schnell Schaden nimmt bei Temperaturschwankungen. Das allein wird es wohl aber nicht sein, daher…, denkt die Forscherin bei sich. „Also kommen wir doch mal gleich zur Sache. Ich denke, wir haben beide Besseres zu tun als einen kleinen Tanz um den heißen Brei zu vollführen. Worum genau geht es hier?“, ergreift sie das Wort, als sich Schweigen über den Raum legt. „Ich hatte nicht vor, um den heißen Brei zu reden. Mein Vorgesetzter schickt mich, Ihnen diese Box zu überreichen.“ Er deutet mit einem kurzen Handzeichen auf die Box.

Für einen Augenblick blicken schwarze Augen abwechselnd zur Box und Paleo. Interessiert erhebt sich die Frau und greift sich den Behälter, um sich den Inhalt zu besehen. Der Gast nutzt die Zeit, um zur Tür zu gehen, da er seine Aufgabe als erledigt betrachtet. Verwirrt sieht sie die kryptisch mit Projekt - Charge 1 und - Charge 2 beschrifteten Phiolen die mit einer roten Flüssigkeit gefüllt sind. Auf den ersten Blick würde sie sagen, dass es Blut ist. „Und was genau soll ich damit machen? Sie einlagern? Denn was anderes werde ich ohne Anweisungen schlecht damit machen können.“ Dies lässt den Mann innehalten und sich wieder umdrehen. „Ich nahm an, Ihnen wäre bewusst, wofür diese Proben dienlich sind.„ Er hält kurz inne und mustert sein Gegenüber eindringlich, ehe er bedächtig fortfährt: „Mein Vorgesetzter neigt zuweilen zur Informationsarmut. Jedoch geht es hierbei wohl um Blutproben zweier übernatürlicher Wesen und ein gewisses Projekt Wiederkehr.“ Ein resigniertes Seufzen entfährt der Forscherin, ihr Augenmerk auf die Proben richtend: „Ja, er neigt dazu sehr oft. Ich nehme an, er hat nicht erwähnt, von wem welche Blutprobe ist?“ Sie wartet erst keine Antwort ab und fährt mehr zu mir selbst redend fort. „Aber ich gehe mal davon aus, dass die eine zu Sleepless gehört. Glücklicherweise haben wir noch ein Ergebnis der letzten Blutanalyse im System.“ Mit etwas mehr Schwung als nötig verschließt sie die Box mit einem in der Stille des Raumes unnatürlich lauten Klicken, was dafür sorgt, dass der Butler-Verschnitt sich kurz versteift. Als wolle er sie gleich maßregeln, vorsichtiger damit umzugehen. Seine graublauen Augen scheinen in die schwarzen der jungen Frau zu stechen, der Gesichtsausdruck verändert sich nicht. Er bleibt neutral. „Ihrer Aussage entnehme ich, dass Sie bereits öfter mit meinem Vorgesetzten zu tun hatten?“

Mit unveränderter, neutraler Miene setzt sie sich wieder auf den Sessel, dabei deutet die Forscherin Paleo wieder mit einer Handbewegung an sich erneut zu setzen. „Nicht direkt so, wie Sie es sich vorstellen würden.“ Er setzt sich wieder. „Wie darf ich es mir denn vorstellen?“ „Nun, um Ihnen das erzählen zu können, müsste ich sicher sein, dass Sie keine Möglichkeit haben, Einauge später darüber in Kenntnis zu setzen. Und egal, was Sie nun auch schwören oder beteuern… die menschliche Natur neigt dazu, Fehler zu machen.“ Eine kurze Redepause, damit er sich der Konsequenz des Gesagten bewusst wird. „Doch lassen Sie mich Ihnen etwas versichern. Mein Anliegen schadet in keiner Weise dem Syndikat, noch ziele ich darauf ab, Einauge Schaden zuzufügen.“ Augenblicklich spannt Paleo seinen gesamten Körper an. Sein Blick scheint eine Spur von Kälte zu gewinnen. „Sie sind sich hoffentlich bewusst, dass es eben so klang, als würden Sie mich bedrohen.“

Ein Lächeln schleicht sich auf Ihre Lippen: „Keineswegs. Ich sage nur, dass ich Ihnen das, was Sie Ihre Bedenken vergessen lassen würde, nur unter einer kleinen Voraussetzung mitteilen würde“, erklärt Liliana ihrem Gegenüber ruhig, in der Hoffnung, dass es hilft, die Situation wieder zu entspannen. „Man könnte sagen, dass es sich um sowas wie einen Kindertraum handelt, und ich möchte nicht, dass der bekannt wird. Sie verstehen?“ Eine lange Pause entsteht. Paleo denkt über das Gesagte nach. Schließlich erwidert er: „Ich verstehe. Nun. Mein Interesse an ihren Kindheitsbelangen ist nicht sonderlich ausgeprägt. Daher sehe ich keinen Sinn darin, dies jemandem mitzuteilen, geschweige denn von diesen überhaupt erst zu erfahren. Wenn Sie aber unbedingt ein derartiges Mitteilungsbedürfnis haben“, er schaut auf seine Uhr, „kann ich sicherlich die ein oder andere Minute entbehren.“ „Dann bedanke ich mich jetzt schon einmal für Ihre Zeit.“ Einen Moment schweigt sie und konzentriert sich darauf, einen kleinen Fluch zu wirken. Nichts Weltbewegendes. Egal, was in dem geschlossenen Raum besprochen wird, wird eben jenen niemals verlassen. Das heißt, es ist wird ihm nicht mehr möglich sein, das Folgende in irgendeiner Form wiedergeben zu können. Weder schriftlich noch mündlich. Ihrem Gegenüber ein gespielt unschuldiges Lächeln schenkend, während dieser wieder dieses flaue Gefühl im Magen hat und sich bewusst wird, dass etwas nicht ganz richtig zu sein scheint, besteht seine Reaktion nur daraus, für einen Augenblick die Augenbraue hochzuziehen.

„Einauge selbst bin ich das erste Mal begegnet während des Kampfes gegen die Eulenkartei. Ich hatte damals schon so eine Vermutung, WER er war, als ich damals den Puls seiner Seele bemerkt habe. Wie er auf Gregorius losgegangen ist“, beginnt sie, in ihren Gedanken ein wenig abschweifend. „Die Sache mit Menschen ist: sie können wiedergeboren werden. Es sei denn, sie landen in der Hölle oder im Himmel. Außer man sorgt dafür, dass eine Seele weder zum einen noch zum anderen kann, mit einem Fluch. Wenn man Sie dazu verdammt, auf ewig wiedergeboren zu werden.“ Der rothaarige Butler-Verschnitt lehnt sich ein wenig nach vorne. „Die Sache mit… Menschen? Ihre Worte klingen fast so, als wären Sie kein Mensch.“ Ihr Lächeln wird für einen Augenblick eine Spur sanfter, wie bei einer Mutter, die eine unschuldige Frage von ihrem Kind beantwortet. „Bin ich auch nicht, auch wenn ich ein Halbdämon bin.“ „Interessant. Das verändert die Lage natürlich. Mir war nicht bewusst, dass die Sichelloge dämonische Individuen beschäftigt.“ Er lehnt sich etwas zurück und scheint sich nun über etwas klar geworden zu sein. „Ich wurde vom früheren Logenboss adoptiert, ausgebildet und eingestellt“, erklärt Liliana salopp die Kurzfassung. „Verstehe. Und weiter?“, sein Interesse scheint wieder abzuflachen.

„Ich habe ihn dazu gebracht, für meine Nachforschungen über Seelen sich verfluchen zu lassen. Es hat etwas gedauert, bis ich ihn wiedergefunden hatte nach seinem Ableben. Dass ich ihn in der Mondloge wiederfinde“, sinniert die Forscherin grob über die Ereignisse der letzten Jahre. Paleo hört aufmerksam zu, doch spannt er sich deutlicher an. „Sie haben ein Logenmitglied dazu „gebracht“, sich verfluchen zu lassen? Ist Ihnen bewusst, dass dies einem Angriff gleichkommt?“ Ruhig und reinen Gewissens erwidert Liliana: „Ich hatte ihm meinen Vorschlag unterbreitet über die Erforschung von Seelen, und dass ich ihn als geeigneten Kandidaten für meine Forschung ansah. Er hat sich alles durchgelesen und dann zugestimmt“, sich seiner Anspannung deutlich bewusst. Paleo erhebt sich langsam. Schaut Liliana von oben herab an. Eiskalter Blick. Er wendet sich zum Gehen, da er allmählich genug von diesem Gespräch hat. Das Folgende ist nicht vom Fluch beeinträchtigt, der Paleo aufgebrummt wurde, da er die Tür bereits einen Spaltbreit geöffnet hat: „Richten Sie Dad aus, ich werde mich darum kümmern.“ Mit einem Lächeln auf den Lippen sieht die Forscherin ihm nach. „Seien Sie versichert, dass ich dies tun werde. Guten Tag.“ Damit schreitet Paleo durch die Tür. Unschlüssig, wie er mit dem heute Erlebten umzugehen hat. Da klingelt sein Mobiltelefon. Am anderen Ende meldet sich eine Stimme, die das Schicksal vieler Leute beeinflussen wird.


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Hikaru_Mitena

reihe/redbird/redbird_12.txt · Zuletzt geändert: 23.11.2020 08:58 von hikaru_mitena