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Sichelloge

Übersicht - Redbird

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Schnellen Schrittes gehe ich den langen und sterilen Gang entlang, mit den Gedanken bei den neuen Testresultaten in meinen Händen. Sieht soweit alles gut aus, verglichen mit den Werten der letzten ca. 90 Jahre. Die Pheromone pendeln sich langsam auf einen annehmbaren Mittelwert ein - und das selbst nach größerem Alkoholkonsum. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich mich dem Boden überraschend schnell nähere. Teleportiere mich etwas weiter nach vorne und stehe wieder gerade auf meinen Füßen. Drehe mich fluchend zu dem grinsenden, braunhaarigen Typen im Laborkittel um. „Du solltest echt aufpassen, wo du hingehst, Robin„, meint Zane, noch immer grinsend. Es würde nichts bringen zu versuchen, ihm diesen Spitznamen auszureden. Hab's schon zu oft versucht, und er hat mit einem amüsierten und immer breiteren Grinsen den Namen immer wieder, auch auf unterschiedliche Weise, betont. „Und du solltest aufpassen, dass du nicht an die Falsche gerätst, wie beim letzten Mal“, antworte ich belustigt. Ja, das war damals schon witzig. Sich ergebend streckt er die Arme halbherzig über den Kopf. Wende mich lächelnd um und gehe weiter meines Weges. Schnelle Schritte ertönen hinter mir, und schon legt sich sein Arm um meine Schulter. „Erzählst du mir jetzt, was dich an diesem Bericht so in Beschlag nimmt, oder nicht? Und wo warst du letzten Tage überhaupt? Du kennst ja den Boss, er redet nicht so gerne„, plappert er mit seiner typischen Art, wegen der so viele Frauen ihm verfallen. Sein Aussehen trägt auch sein Teil dazu bei. Groß, kantige Gesichtszüge. Augen, deren eher matte Farbe weniger Grund ist, weshalb sie strahlend wirken. Kinnlanges, kastanienbraunes Haar. Alles in allem wirkt er weniger wie ein Labormensch denn ein Typ, den man beim Surfen am Strand treffen würde.

Halte ihm stumm die Akte hin und er überfliegt sie schnell. Lächelnd meint er nur: „Du hast es echt geschafft, sie wiederzubekommen? Sind die Narben jetzt immer noch da?“„Ja sicher, das Erste, was ich mir dachte, als ich dir das gezeigt habe, war, dass ich jetzt eine Ausrede habe, warum ich mich vor dir ausziehe.„„Warum auch nicht? Ich weiß doch, dass du in Wahrheit total auf mich abfährst“, meint er und wackelt provokant mit den Augenbrauen. Rolle den Bericht etwas zusammen und schlag ihm damit auf den Kopf. Eingebildeter Fatzke. Theatralisch hält er sich den Kopf und jammert, wie schmerzhaft das doch sei. Betrete einen Raum, in dem ein Computer so steht, dass ich nicht mit dem Rücken zur Tür sitze, und eine Menge weiterer Geräte zur Untersuchung und Analyse von anderen Flüssigkeiten. Liebe es, mit all diesen Geräten zu arbeiten. Im gesamten Untergrundkomplex gibt es noch weitere Räume, die auf ein anderes Forschungsgebiet spezialisiert sind. Setze mich an den PC, um einen ungefähren Überblick zu bekommen, was noch ansteht und wo um Hilfe angefragt wurde. Doch mein Begleiter hat andere Pläne, als schon wieder zu verschwinden und sich an seine eigene Arbeit zu machen. „Also, erzählst du mir nun endlich, wer dieser Typ ist, mit dem du das Gästebett geteilt hast?„ Zucke innerlich zusammen. Ich weiß zwar, dass er, was seine Intuition angeht, gut ist, so gut, dass man es schon fast als eine kraftbedingte Fähigkeit bezeichnen kann, aber es überrascht mich das ein oder andere Mal immer noch. Bedenke ihn mit einem Seitenblick und wende dann meine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu. „Ich glaube, du hast zu lang die Dämpfe der Chemikalien eingeatmet“, gebe ich kühl zurück. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er um den Tisch kommt und sich gegen eben jenen lehnt. „Oh doch, das weist du ganz genau, meine liebe Robin„, singt er fast schon. Schiebe seufzend die Tastatur von mir und lehne mich im Stuhl zurück.

„Was willst du den hören?“„Hat's Spaß gemacht? Oder bist du gar auf den Geschmack gekommen?„ Sein Grinsen könnte nicht breiter sein. Wie gerne ich ihm gerade eine verpassen würde. „Sieh es so“, meint er immer noch grinsend und deutet auf den Bericht. „Du kannst es noch als eine Anomalie abtun, die durch die Veränderung hervorgerufen wurde. Dass du diesem…„, er stockt kurz und bekommt auf einmal einen Lachflash. „Na sieh mal einer an, du kennst ihn ja noch von früher. Wie finde ich das den?“ Versuche ruhig zu bleiben, doch fahre ich mir immer wieder übers Gesicht. Lasse meine Hand in den Kittel gleiten, den ich ebenso wie das restliche Personal hier trage. Bekomme die Box mit den Phiolen zu fassen, in der sich etwas Blut von Saiko befindet. Es war ziemlich leicht dranzukommen, da er eh eine ganze Weile ausgeknockt war, nachdem er unter den Schmerzen zusammengebrochen ist. „Verrätst du es mir nun, oder soll ich weiter raten?„ Funkle ihn an und gebe dann doch seufzend nach. „Es geht dich im Allgemeinen nichts an, was zwischen mir und Saiko gelaufen ist, läuft oder nicht läuft“, knurre ich meinen Kollegen an. „Uh, du stehst wohl auf Ältere, die jünger aussehen als du. Hast du deswegen den Oberst verschmäht? Oder liegt es daran, dass ihr beide im gleichen Alter seid?„„Haben dir die Mädels gestern Abend etwa nicht richtig das Hirn rausgeblasen?“„Würdest du dich darum kümmern und diesen Mangel beheben, wenn es so wäre?„„Wie stehst du zu Rosen auf deinem Grab?“„An sich ne nette Idee, aber nicht so schön wie die Vorstellung, wie du reagierst, wenn dir auffällt, dass wir Gesellschaft haben.„ Wende meinen Kopf bei dieser Bemerkung um und tatsächlich steht da wer auf der anderen Seite des Tisches. Stumm und still steht ein rabenköpfiger Informant im Raum. Fragend legt er den Kopf leicht schief: „Haben Sie ihn getötet?“ Reibe mir, mich am Tisch abstützend, übers Gesicht. Hat man heutzutage denn nicht mehr einen Moment Ruhe? Und was hab ich da eigentlich für ein Image, dass mich jeder fragt, ob die Männer, die mir zu nahe getreten sind, noch leben? Sogar die Informanten! Zane hält sich zwischenzeitlich den Bauch vor Lachen. Immer noch lachend verlässt er mein Mini-Labor und klopft dem Rabenwesen im Vorbeigehen noch auf die Schulter. Zischend schließt sich die Tür und ich bin allein mit der Kreatur, die von einem Wesen, das auf der Genesis-Liste steht, erschaffen wurde. Eine lange Zeit sagt niemand etwas, es scheint immer noch geduldig auf eine Antwort zu warten. Seufzend gebe ich mich geschlagen. „Ja, er lebt noch, und er hat sich vor kurzem wieder auf den Weg gemacht. Ich hab ihn in Deutschland abgesetzt, falls du dich selbst davon überzeugen willst, Rabe.„ Ein schlichtes Nicken ist die Antwort des emotions- und wortkargen Wesens.

„Und weshalb bist du nun hier?“, frage ich, immer noch unwissend um den Grund seines Aufenthaltes hier. „Warum haben sie ihm nichts gesagt?„ Ziehe verwundert meine Augenbrauen hoch. Will gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als er mich unterbricht. „Uns ist schon länger bekannt, dass Sie und Saiko sich schon einmal getroffen haben. Doch gibt es bei ihm keinen vergleichbaren Grund wie bei Einauge.“ Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man schon von ehrlicher, kindlicher Neugier sprechen. Betrachte ihn eine Weile genau, bevor ich erneut zu einer Erwiderung ansetzte. „Weil ich der Meinung bin, dass es normal ist, über die Jahre etwas zu vergessen. Wenn es für sie wichtig ist, werden sie sich an das erinnern, was sie einst vergessen haben.„ Lange Zeit sagt er nichts, doch dann nickt er schließlich.

Ich dachte schon, er hört gar nicht mehr auf. Sitze in der Cafeteria und stochere noch vor mich hingrübelnd im Essen herum. Es scheint fast so, als ob er wirklich daran interessiert ist, die Wesen auf diesem Planeten zu verstehen. „Robin.“ Normalerweise halten Sie sich doch aus allem heraus und beobachten, wenn es ihnen befohlen wurde. „Roooobin. Hallo! Zane an Robin.„ Nein. Informanten sind darauf getrimmt, wie Maschinen oder Soldaten zu handeln. Das heißt, sie tun, was er sagt, und hinterfragen keinen ethnischen Grundsatz. Warum man so oder so reagiert hat. Warum hab ich also das Gefühl, dass da mehr sein könnte? Zucke zusammen, als sich ein paar Hände unter den Saum meines Shirts verirren und eine Zunge mein Ohr entlang leckt. Mein Arm, mit dem ich das Messer in Händen halte, zuckt automatisch nach oben, an meinem Gesicht vorbei, zu dem, der sich so schamlos an mich rangemacht hat. Noch in der Bewegung lässt er mich los und springt zurück. Drehe mich um und schnaufe entnervt, als ich Zane sehe. „Na, mal wieder in deinen Gedanken versunken?“, fragt er mit einem unschuldigen Lächeln und setzt sich wieder mir gegenüber auf seinen Platz. „Irgendwann wirst du bei der Aktion ein Auge verlieren„, gebe ich finster murrend von mir. Was ihm nur ein Lachen entlockt. „Und du lässt nach, Robin. Vor allem wenn du in deine Gedanken versunken bist.“


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Hikaru_Mitena

reihe/redbird/redbird_10.txt · Zuletzt geändert: 23.11.2020 08:55 von hikaru_mitena